Der Wurmberg 2006
Kaum zwei Jahre nach dem letztem Abenteuer im Hochharz, der Winterbegehung des verwunschenen und (sehr) vernebelten Brockens, wurde es für unsere drei ambitionierten Alpinisten wieder Zeit, den nächsten norddeutschen Gipfel ins Visier zu nehmen.
An einem kalten Februar Tag beginnt der Aufbruch an der Mündung von Alster und Bille in Richtung Braunlage. Die Verkehrslage erlaubte es dem Gefährt der drei tapferen Streiter, mit dem satten Klang des voluminösen 1.6 l BMW-Triebwerkes in den Abendhimmel zu entgleiten.
Dank dem modernem Pfadfinder wurde ihr Weg zum Ziel. Christian hatte immer ein Auge auf seinen Navigator und erfreute sich an jedem Hinweis, die die erotischen Stimme über die Lippen hauchte. Die Herberge "Bergkranz" lag nach nicht einmal drei Stunden Fahrzeit tief verschneit vor uns. Mit dem sanften Klang einer durchdrehenden Hinterachse rutschten wir in die enge Parklücke.
Der Abend ist fand im zentral gelegenen Gasthaus "Grimbart's" mit gut gefüllten Bierkrügen und philosophischen Gesprächen sein Ende.
Bei Tagesanbruch stärkte sich unser Trio ausgiebig, um sich für die Anstrengungen des Tages zu wappnen. Der Rucksack war schnell gepackt, zum einen, da es sich um eine leichte Wanderung handelte, zum anderen, da die ganze Routine der vorangegangen Bergtouren von Christian, Sven und Uwe zum Tragen kam.
Ihr Weg führte sie vorbei an einer Schänke aus Schnee vor dem ortsansässigen Geldverleiher zum Fuße des Wurmberges. Die Stern klare Nacht forderte schnell ihren Tribut. Uwe rutsche auf einer schwer einsehbaren Eisplatte aus, woraufhin Christian und Sven sich sofort die Steigeisen (naja, "Grödel") umgeschnallt haben.
OK, genug vom altertümlichen Geschwafel und weiter mit den neuen deutschen Rechtschreibung, so man sie denn beherrscht.
Gleich rechts von der Seilbahn in Braunlage führt der Wanderweg an der Skipiste vorbei hoch in Richtung Mittelstation. Wie bereits erwähnt, war der Wanderweg stark vereist und führte durch den Wald. Die vielen Spuren im Schnee ließen uns sofort erkennen, dass nicht alle Skifahrer mit den herrschenden Schneeverhältnissen klar gekommen sind und nur mit Ach und Krach die vielen Bäume längs der Piste passiert haben.
Es ist allseits bekannt, dass eine Vielzahl von Asiaten, insbesondere Japaner, gerne Deutschland besuchen. Allerdings waren deren bevorzugten Ziele bislang Heidelberg oder Rotenburg ob der Tauber. Aber im Winter 2006 scheinen die Asiaten den Harz entdeckt zu haben. Einer nach dem anderen kam uns auf unserer Wanderung mehr oder minder sicher auf Skier entgegen.
Kurz vor dem Gipfel des Wurmberges (971 m) riß die Wolkendecke auf und wir konnten einen kurzen Blick auf den Gipfel des Brockens erhaschen, der jedoch kurze Zeit später wieder in den gewohnten Nebel verschwand.
Direkt am Fuße des Gipfels liegt auch die 90 m Schanze, auf der sich dann zu unserem Erstauen auch gleich zwei junge Leute, in apricot farbenen Skifluganzügen gezwängt, zum Sprung bereit gemacht haben. Ihre beiden Sprünge in den Nebel verlangten unseren ganzen Respekt ab. Apricot farbener Anzug hin oder her.
Nach dem Gipfelfoto flohen wir vor dem Skifahrertrubel weiter in Richtung "Achtermann". Christian hat nicht nur in seinem BMW ein Navigationssystem, nein, er hatte auch ein mobiles GPS Navigationssystem "Garmin GPS 60" requiriert, um uns auf den Pfad der Tugend zu halten, schließlich sind wir alle drei Familienväter.
Der baumfreie und felsige "Achtermann" (925 m) bot dann endlich das gewohnte Gipfelerlebnis, obwohl auch er, wie nicht anders zu erwarten, start vereist war.
Unser Weg zurück nach Braunlage verlief über Königskrug, direkt an der B4, wo wir in dem sehr rustikalen Gasthaus eingekehrt sind. Das letzte Stück bereitete uns ein erschütterndes Erlebnis: Nachdem uns vier, relativ leicht bekleidete Läufer oder besser Geher begegnet sind, konnte es sich Uwe nicht verkneifen, einer Läuferin die Frage zu stellen, an welchem Rennen sie denn teilnehme. Die überraschende Antwort war "Brocken Challenge 2006". Bei diesem Lauf startet man in Göttingen und läuft die 85 km (!!!) durch den Harz auf den Brocken hinauf. Es war Samstagnachmittag, 16.00 Uhr, und die Läuferin hatte sicherlich noch eine Strecke von 12 bis 15 km vor sich! Unser aller Respekt war ihr sicher.
Der Tag endete wie am Vorabend zuerst an der Schneebar und dann wieder im "Gambart's" bei Bier und gutem Essen.
Jede gut geplante Tour beginnt auch im Harz mit einem guten Frühstück, insbesondere an einem Sonntag. Der Harz zeigte sich von seiner allerbesten Seite. Strahlend blauer Himmel und Sonnenschein. Wunderbar!
Christian war wie immer auf dem Sprung in die Natur, Uwe genoss in aller Seelenruhe sein ausgiebiges Frühstück und Sven "stoffwechselte".
Wir fuhren zur Oderteichsperre, der ältesten Talsperre Europas von 1721, um von dort auf den "Märchenweg" in Richtung Torfhaus zu wandern. Der Weg durch den tiefverschneiten Wald war bei dem Wetter einfach nur traumhaft schön und man konnte gut abschalten.
Nachdem Christian am Abend vorher von einem tollen Rezept mit Rosenkohl und Ingwer erzählte, schien Sven dies einfach keine Ruhe zu lassen. Wir gingen ca. 15 min. hintereinander her ohne ein Wort zu wechseln. Plötzlich wurde die Stille des Waldes von Sven mit einer hungrigen Frage durchbrochen: "Wird der Rosenkohl eigentlich blonchiert oder kommt er gleich in Pfanne?" Ich denke, der geneigte Leser kann sich vorstellen, wie Christian und Uwe lachend in den Schnee versunken sind.
Die vielen Langläufer in Torthaus ließen uns zu dem Entschluß kommen, im nächsten Jahr wieder in den Harz zu kommen, dann jedoch nicht um zu wandern, sondern um uns dem Skilanglauf zu widmen. Die Vorfreude ist schon jetzt sehr groß.
Den Abschluß unserer Winterbegehung im Hochharz bildete eine Einkehr in Bad Harzburg, in eine für die Region typisches bayerisches Lokal.